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antischokke No Future

Meine Texte sind meine Texte

Gestern habe ich den 13. Polyneux-Podcast gehört, in dem unter anderen der werte Herr ntropie und weitere Blogveteranen über Bloggen damals und heute sprechen. Ganz hörenswert, und wie ntropie schon sagt, da können wir „Iron Blogger“ noch was lernen.

Auch wenn Blogs irgendwie total tot scheinen, sagt er vorsichtig ein Blog-Revival voraus. Bloggen sei viel entspannter als das ganze Social-Media-Gedöns, man müsse niemandem followen oder entfollowen, keiner sei beleidigt („liest du meine Tweets nicht?!“) wenn man mal nicht die gesamte Timeline mitliest.

Die Abkehr von Social Networks?

Ganz so drastisch würde ich das nicht formulieren, aber was mein Blog wirklich allen externen Diensten voraushat: Meine Texte sind meine Texte. Wir sehen das ja immer wieder: Dienste machen dicht und nehmen unsere Inhalte mit ins Nirvana. Twitter wird die Einführung einer Zensurinfrastruktur vorgeworfenGoogle ändert seine Privacyeinstellungen, auf Facebook sind wir eigentlich nur noch, damit die Leute, für die Facebook „das Internet“ ist (so wie damals AOL), mitbekommen, was uns bewegt. Nix neues, klar. Beschäftigt mich aber immer wieder.

Das beste Social Network ist mein Blog, mit meiner Blogroll, mit Trackbacks und mit den Kommentator_innen. Schon die wenigen Posts, die ich in den letzten eisernen Wochen geschrieben habe, geben mir so viel mehr als das, was ich auf  twitter erlebe. Mir schreiben sogar Leute Mails, dass sie einen der Artikel toll fanden. Oder rufen an. Oder sprechen sogar mit mir darüber! Also, jetzt nicht massenhaft, dafür ist hier ja noch zu wenig los, aber mich freut jeder einzelne.

Mein Blog ist mein Blog ist mein Blog.

Der Trend geht zurück zu persönlichen Blogs? Macht spreeblick gerade vor, und kosmar ist auch wieder am Start (sogar mit Podcast!). Kraftfuttermischwerk und Mogreens haben für einen Tag ihre Blogs getauscht, und hatten anscheinend einen Heidenspaß dabei.

Im Grunde wäre es nur konsequent, hier einfach alles zu posten, also alle noch so kleinen Fundstücke wie Fotos, Videos, Links oder Textschnipsel, die normalerweise in meiner Soup oder sonstwo landen. Aber das fühlt sich komisch an. Irgendwie so: Dafür ist mir mein Blog zu schade.

Was mache ich? Hier alles rein? Erstmal das Blog ausbauen mit eigenen („anspruchsvollen“) Inhalten? Und dann später nach und nach anderes einstreuen? Klar, es gibt die Extreme Iron Blogger wie Southpark und Ben, aber hier, icke, fang ja gerade erst wieder an und suche nach der richtigen Mischung zwischen inhaltlichem Anspruch und Spaß, der mich gerade bewegt.  Wie macht ihr das? Wie machen WIR das? Discuss!

 

Noch was mit Internet: Die Digitale Gesellschaft hat ein Neue Broschüre: Wie das Internet funktioniert herausgebracht. Könnt ihr ausdrucken und verteilen, an die Eltern oder Nachbarn oder Abgeordneten in eurer Nähe.

Und: Ask not what the Internet can do for you, ask what you can do for the Internet.

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Iron Blogger Berlin bei Radio Trackback

Gestern waren @barbnerdy und ich zum Thema Iron Blogger Berlin beim werten Herrn Marcus Richter und seiner Radiosendung TRACKBACK. Diesmal nicht am Telefon oder per Vorabaufzeichnung, sondern live vor Ort im Studio in Potsdam. Hier, hören:

TRB 262: Bloggermädchen, Iron Blogger, Handydaten, Megaupload, Zolinsagt

Wir sind ab Minute 17:15 dran, ich empfehle aber die ganze Sendung, gibt noch mehr tolle Themen, z.B. die Funkzellenabfrage in Berlin und die Hochnahme von Megaupload.

Auch wenn der Weg raus nach Potsdam fast eine Stunde dauert: Die Fahrt hat sich gelohnt, das Interview war lustig. Selber im Studio zu sein klingt auf jeden Fall besser und ich war viel entspannter als bei einem Telefoninterview oder einer Aufzeichnung. Ich hätte mir noch ein paar Minütchen mehr Sendezeit gewünscht, um z.B. Michelle und Marcus Props zu geben. Was ich noch sagen konnte: „Wir brauchen noch ein Logo!“ Letztens hat mal jemand im Fernsehen gesagt, man könnte einfach auf twitter nach nem Logo fragen und so Designer aus Berlin würden das dann machen. Hat bisher bei uns nicht geklappt, vielleicht diesmal?!

Außerdem war das eine super Gelegenheit, die fabelhafte @barbnerdy mal näher kennen zu lernen. Denn wie viele der Iron Blogger Gang kannten wir uns zwar vorher „vom Sehen“ (wie das in Berlin halt so is), aber hatten nie viel Kontakt. Schön!

Hier sind übrigens die Ergebnisse der vergangenen Woche, Läuft gut, wir sind jetzt 23 und haben 55 Tacken in der Kasse. Im Februar treffen wir uns das erste Mal. Stay tuned!

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Wie alles anfing.

Mit Computern und Internet hatte ich früher nix zu tun. Also fast nix. Immerhin hatte mein Lieblingsbruder einen C64 und später einen Amiga 500 (in worten: füffzichtrillioben, sagt Domi). Da haben wir stundenlang gezockt, ich am liebsten Giana Sisters, Boulder Dash, Mafia und Henry’s House. Und ich hab mal aus so nem Heftchen Code abgeschrieben, der dann Text (war das da auch „Hallo Welt“?) auf den Bildschirm geschrieben hat. Große Freude! An der Schule gab es eine Informatik-AG, aber da waren nur so Jungs drin, mit denen wir von der Raucherecke nix zu tun hatten. Und für Mädchen war das sowieso schon mal gar nix. Tatsächlich war ich damals eher das, was man gemeinhin „technologiefeindlich“ nennt. Neumodisches Zeug, Überwachung, alles böse, braucht kein Mensch.

1996-1999

1996. Nach dem Abi habe ich eine Ausbildung zur Bürokaufrau gemacht. Echt. Wunschstudium war wegen NC erst später möglich, und die Null-Bock-Phase hielt mich von größeren Sprüngen ab. „So eine kaufmännische Ausbildung ist doch auch was handfestes, Mädchen!“ Beim Vorstellungsgespräch hat mein Chef gesagt: „OK, du kannst hier anfangen. Aber nur, wenn du dich in die ganzen Computerdinge einarbeitest.“ Klar, mach ich. Die meisten Programme liefen da noch im Terminal. Was mit „Kermit“. Meine erste Tabelle in WordPerfect. Erstmal verstehen, dass der Cursor immer nur da blinken kann, wo man entweder mit Space oder Tab oder Enter hintastet. Klar, Schreibmaschinenkurs hatte ich immerhin gemacht, macht man halt so aufm Land. Pflichtprogramm, wie Tanzkurs.

VHS- und IHK-Kurse in Excel, Access, PowerPoint, Visual Basic, SQL. Was da alles möglich war. Excel und Access haben mich total fasziniert. Das alles. Wow! Wieso erst jetzt? Dann Internet. T-Online. Ich an einem der beiden einzigen Rechner im Büro, die Internet und E-Mail konnten. Dann die Frau von meinem Chef: „Nicole, kennst du eigentlich GMX?“ „Nee.“ „Da kannst du VON JEDEM BELIEBIGEN Computer deine E-Mails abrufen. Egal wo du bist. Mach dir da mal ein Konto!“ Gemacht. Und direkt noch eins bei Compuserve. E-Mails zuhause auf dem ersten eigenen Tchibo-Computer vorgeschrieben, auf Diskette gezogen, im Büro dann verschickt. Empfangene Mails ausgedruckt und mit nach Hause genommen. Machen manche heute immer noch so.

Zuhause bekamen wir 1997 oder 98 Internet. Die Eltern waren im Urlaub und hatten mir 150 Mark Haushaltsgeld dagelassen. Die habe ich umgehend in ein 56k-Modem umgesetzt. Und die sturmfreie Bude genutzt, um stundenlang in EdenCity rumzuchatten.

1999. Nach der Ausbildung dann unser komplette Waren-, Bestell-, Rechnungs- und Mahnwesen auf MS-Access umgestellt. Icke. Bisschen mutig von meinem Chef. Hat aber funktioniert. 2000 hat mein Chef mir angeboten, dass ich eine mehrjährige Weiterbildung bei der IHK zur Sysadmina oder sowas mache. Tolle Aussicht! Aber ich musste da raus. In meinem Abi-Jahrbuch steht bei mir unter „Zukunft“ nur ein Wort: „Köln“. Das musste ich jetzt machen. Ansonsten würde ich in der Provinz versauern. Ich wollte unbedingt was mit Computern und Wirtschaft machen, aber Wirtschaftsinformatik oder European Business Studies passten mir nicht (zu viel Mathe, zu viele Kasper).

2000-2005

2000. Ok, zurück auf Start. Einfach das machen, was ich nach dem Abi schon vorhatte: Übersetzen und Dolmetschen studieren, in Köln. Vokabelmäuschen. Schnell gemerkt, dass das doch nicht geht für mich. Dann durch meinen Bruder (Arbeitsagenturen und Studienberater waren damals noch nicht so auf Zack) den Studiengang Informationswirtschaft an der FH Köln entdeckt. Das isses!! Wieso hat mir davon nie jemand erzählt?!

2002. Erstes Semester. Damals noch mit den Bibliothekaren zusammen. Elektronische Datenverarbeitung. Peripheriegeräte. „Gehen Sie mal mit der Maus hoch.“ (Hebt die Maus an.) „Hm, passiert ja garnix.“ Oder, Typ so „Wie isn das, haben denn Flachbildmonitore auch eine Bildröhre?“. Facepalm gab’s damals noch nicht. SQL haben wir da noch an der Tafel gelernt. Immerhin nix mit Bollerwagen. Das Studium war im Grunde toll. Wirtschaften nicht mit Äpfeln sondern mit immateriellen Gütern. Informationsparadoxon. Wissensmanagement. Thesauri. Urheberrecht. Nur fehlte mir damals noch der Bezug zur Wirklichkeit. Zu meiner Wirklichkeit. Nie war die Rede von Kollaboration, Web 2.0, Blogs, Wikis. Portale waren das Big Thing. Unser Jobprofil war eher in Beratungsfirmen, Handelsunternehmen und Recherchediensten angesiedelt. Alles nicht uninteressant, aber es hat noch nicht „Klick“ gemacht.

2005-2006

Klick machte es 2005. Gerade habe ich die beiden Economist-Artikel wieder aus meinen Uni-Ordnern rausgekramt, die Schuld sind an meinem weiteren Lebensweg: Digital Dilemmas und A fine balance. Damals hat unsere Dozentin sie für uns aus der Printausgabe kopiert, jetzt finde ich sie mit einem Klick im www. Digital Dilemmas beginnt mit der Declaration of the Independence of Cyberspace von John Perry Barlow. In A fine balance ist die Rede von einem gewissen Lawrence Lessig, der das Copyright reformieren möchte.

With the help of governments, big entertainment companies are trying to “control everything that we know”, Mr Barlow says. “The fight about this will, in my view, determine the future of humanity.” Lawrence Lessig, a Stanford professor who is also a leading commentator on the internet, is almost equally apocalyptic: “The existing dinosaurs are succeeding in stifling the creativity inherent in this new medium.”

Ich war von den Socken. Endlich ergab das ganze einen Sinn. Die beiden Namen habe ich recherchiert und landete unter anderem bei der EFF und – na? – bei Creative Commons. Ich las über die beiden Kämpfer für ein freies Internet, die der Vorzüge der neuen Technologien huldigen und deren sozialen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft begrüßen. Habe unzählige Links an meine Lerngruppe geschickt. „Ey, kuckt mal hier, ist das nicht unfassbar genial!?“ „Wow, das hier hab ich auch noch gefunden, das ist der Burner!“ (weiß nicht, ob es Burner damals schon gab, denkt euch einfach was zeitgemäßeres). Keine Reaktion. Doch nicht so aufregend? Doch! In Creative Commons habe ich mich eingelesen und reinverliebt. Endlich etwas, was mein Studium mit meiner Einstellung zu Lebensentwürfen und -ansichten verbindet. Freie Lizenzen, Kreativität, Kultur, und die Menschen dahinter. Die so überzeugt von ihrer Sache waren und sind, dass sie mich mit ihrer Begeisterung mitrissen. Für eine bessere Welt.

2006 stand fest: Ich schreibe meine Diplomarbeit über Creative Commons Lizenzen. Damals kannte das in meinem erweiterten Umfeld noch keiner. Auch keiner meiner Professoren. Wie es weitergeht, und wem ich das, was ich jetzt mache und lebe zu verdanken habe, schreibe ich im nächsten Blogpost.

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Iron Blogger_innen rocken los!

Jaja, das wird wieder so ein Metapost, aber ich hab heute Geburtstag und kann mir das erlauben.

Ich bin ganz begeistert, wie toll sich unsere „Iron Blogger_innen Berlin“-Aktion macht. Mittlerweile sind wir 21 Leute; nicht alle aus Berlin, aber zum Trinken kommen ja eh alle immer gerne hier her. Wir haben ein Blog angelegt, damit eure RSS-Reader hier nicht mit den ganzen Auswertungsposts vollgespammt werden: http://ironbloggerberlin.com/.

Besonders erfreulich: Das Skript läuft jetzt! Damit werden alle teilnehmenden Blogs abgegrast und es wird automatisch ein Blogpost mit allen Beiträgen inkl. dem Bierkassenstand erstellt. Ein Hach auf Twitter und das Internet: @moellus hat den mir bis dahin völlig unbekannten @chaosblog angestiftet, mitzumachen, und der hat sich dann die Mühe gemacht, das undokumentierte Skript zu studieren und für uns in liebevoller Kleinstarbeit anzupassen. Jipieeh! Morgen gibt’s also die ersten automatisch erstellen Ergebnisse.

Der Iron-Blogger-Beitrag, der in der letzten Woche wohl die meiste Aufmerksamkeit bekommen hat, war der von Tillmann: Kein Alkohol. Die ersten 14 Tage. Er beschreibt darin, dass er für eine Zeit lang keinen Alkohol mehr trinken wird und mit welchen inneren und äußeren Eindrücken er so konfrontiert wird. Der Post wurde vom Bildblog verlinkt und zog so eine Menge Leser_innen an, die sonst nicht zu Tillmanns Publikum gehören. Interessante Reaktionen, vor allem von Totalabstinentlern, die überhaupt nicht verstehen, wie man aus der No-Alcohol-Sache so ein großes Ding machen kann.

Außerdem wurde unsere Aktion von der Mädchenmannschaft mit einem freudigen „Prost!“ begrüßt.

Und noch in eigener Sache: Danke für die ganzen Kommentare und eure Anteilnahme zum meinem Artikel über die Tafel der Demokratie! Darüber zu schreiben hat mich ein bisschen Überwindung gekostet, aber die Reaktionen (Hallo Mama!) haben mir auch gezeigt, das sowas unbedingt öffentlich gemacht werden muss. Ich war damit auf Rivva und sogar „zu Gast“ beim „Wir müssen reden“-Podcast von Michi und Max: Die beiden haben ja damals aus meiner Verhandlung live-getwittert und die ganze Story quasi hautnah miterlebt. In ihrer Sendung haben sie die Geschichte nacherzählt und ich habe im IRC-Channel noch ein paar Ergänzungen und Korrekturen anbringen können. Auch da wieder: Danke, Internet.

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G8-Verfahren

An der Tafel der Demokratie

Beim Aufräumen habe ich heute die alte Einladung zur „Tafel der Demokratie“ gefunden. Da lädt der jeweilige neue Bundespräsident „sein Volk“, vertreten von ~1.500 Menschen, zum Essen und Trinken an einer langen Tafel am Brandenburger Tor ein wird zu Ehren des jeweiligen neuen Bundespräsidenten „sein Volk“, vertreten von ~1.500 Menschen, zum Essen und Trinken an einer langen Tafel am Brandenburger Tor eingeladen. Da uns ja möglicherweise bald wieder eine solche Veranstaltung bevor steht und ich die Ereignisse vom letzten Mal noch gar nicht richtig verarbeitet habe (Danke an die, die mich später im Oberholz in den Arm genommen haben!), erzähle ich euch mal was. Außerdem steht ja immer noch die Aufarbeitung der ganzen Geschehnisse aus Rostock aus, und unsere Iron Bloggerei soll mich endlich motivieren, meine Gedächtnisprotokolle und Notizen hier zu teilen.


Mit Sicherheit

Ich wusste, dass bei der Anmeldung zur Veranstaltung die persönlichen Daten aller Gäste an das BKA gegeben und dort auf Übereinstimmung mit bekannten Terroristinnen, Demonstrationsteilnehmern und anderen Gefährderinnen gerastert werden. Mein Verfahren wurde ja damals eingestellt und der Richter sicherte zu, dass es keinerlei Einträge geben würde. Da nach dem Check keine Rückmeldung kam, ging ich davon aus, willkommener Gast zu sein.

Der Einlass zum Pariser Platz war unspektakulär: An der ersten Kontrollstelle wurde geprüft, ob der Name auf der Einladungskarte mit dem im Personalausweis übereinstimmte. Am zweiten Stopp wurden nach Vorlage der beiden Dokumente die Platzkarten und Eintrittsbändchen vergeben. Beim Einlass auf den Platz wurden die Taschen kontrolliert, in dem die Security entweder fragte, was man denn so dabei hat oder einen flüchtigen Blick in einzelne Taschen warf. Das Gelände war nach außen mehr oder weniger abgeriegelt, es gab aber genug offene, zugängliche Stellen, an denen Gegenstände von draußen nach drinnen hätten gegeben werden können. Außerdem waren angrenzende Hotels und Gebäude teilweise sowohl für Gäste als auch für Passanten zugänglich.

Kommen Sie mal mit!

Nachdem wir unseren Tisch gefunden hatten, drehte ich mit zwei Bekannten einige Runden über den Platz und zum Sektausschank. Etwa 45 Minuten nach unserer Ankunft suchten wir die Toiletten in der Akademie der Künste auf. Als wir wieder auf den Platz zurück wollten, wurden wir von vier Polizeibeamten aufgehalten: „Können wir mal Ihre Papiere sehen?“ Wir zeigte unsere Ausweise. „Frau Ebber, kommen Sie bitte mal mit uns mit.“ Ich war erstaunt: „Warum das denn?“ „Ja, Frau Ebber, Sie sind ja schon mal polizeilich aufgefallen. Kommen Sie jetzt mal mit uns mit.“ „Was soll das denn? Was wollen Sie denn von mir?“ „Wir wollen Ihnen mal ins Gewissen reden und werden Sie außerdem durchsuchen.“

Aha. Ich wurde in einen Polizeiwagen geführt. „Also, Frau Ebber. Heute abend sind wir ja zu Ehren des neuen Bundespräsidenten, Herrn Wulff, hier. Wir gehen davon aus, dass Sie sich hier zu benehmen wissen.“ wurde mir mit erhobenem Zeigefinger und ernster Miene eingebläut. Haha! „Und was soll das jetzt heißen? Dass ich hier nicht rülpsen darf oder was?“ „Doch, rülpsen dürfen Sie schon. Wobei – naja, das sollten Sie eigentlich auch nicht.“ Witzig.

Fassungslosigkeit ob deren Vorgehen. „Und was soll ich meinen Begleitern erklären, dass Sie mich hier rausziehen und durchsuchen?“ „Die haben davon ja gar nichts mitbekommen.“ „Haha, Sie haben mich doch vor den Augen deren kontrolliert, natürlich bekommen die das mit!“ „Na, dann denken Sie sich eben eine schöne Geschichte aus.“

Bitte benehmen Sie sich anständig!

Auf meine vielen Nachfragen, wie sie mich in der Menschenmasse ausgemacht haben, woher sie den Auftrag zum Zugriff haben, wo ich mich über das Vorgehen beschweren kann etc. hieß es nur, ich solle mich ans BKA wenden. „Ich möchte Widerspruch gegen die Durchsuchung einlegen.“ „Können Sie machen, nützt Ihnen aber nichts, wir machen es trotzdem.“ „Dann möchte ich die Veranstaltung jetzt verlassen.“ „Können Sie machen, aber vorher durchsuchen wir Sie.“ Also keine Möglichkeit, weiteren Erniedrigungen zu entgehen. Zur Durchsuchung musste mich bis auf die Unterwäsche ausziehen, meine Tasche wurde komplett auseinander genommen, das volle Programm also. Das alles dauerte ungefähr 10 oder 15 Minuten, als sie keinerlei Verdächtigkeiten feststellen konnten, durfte ich endlich gehen. Zum Abschied bekam ich noch ein „Wir werden Sie den ganzen Abend im Auge haben! Wir gehen davon aus, dass Sie sich entsprechend benehmen.“ mit auf den Weg.

Ziemlich verstört kam ich dann zurück an unseren Tisch. In der nächsten Minute setzte die Nationalhymne ein. Es gab Fleisch in Aspik und Fleisch in Suppe.

 

Nachschlag, on/off topic

Mathias Schindler hat über „Frag den Staat“ eine Anfrage an das Bundespräsidialamt gestellt: Abschrift des Telefonates von Bundespräsident Christian Wulff auf dem Anrufbeantworter des BILD-Chefredakteurs Kai Diekmann am 12. Dezember 2011. Grandiose Aktion!