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Liebeserklärung an die Vielfalt – eine Weihnachtsbotschaft

Die Sektion “Frohe Botschaft” der Hedonistischen Internationale hat uns eine wunderbare Weihnachtsbotschaft geschrieben und wünscht sich, dass diese Nachricht bis in die hintersten Ecken dieses Internets verbreitet wird.

Bloggt diese Weihnachtsbotschaft, postet sie auf Facebook, fotografiert sie für Instagram, verlinkt sie, twittert sie, leitet sie weiter, schickt sie per Mail, vertont sie, macht Videos, druckt sie aus, hängt sie auf, plakatiert. Macht eine Lawine daraus, eine frohe Botschaft der Menschlichkeit, eine Liebeserklärung an die Vielfalt, einen Appell für das friedliche Zusammenleben. Und dann geht auf die Straße und demonstriert. Wir sind viel mehr als wir denken.

Nichts lieber als das:

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In den letzten Wochen haben Menschen in Dresden und anderswo Angst, Kälte, Kleinmut, Rassimus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit auf die Straße getragen. Wir sind nicht nur verunsichert, sondern sehen das friedliche Zusammenleben in diesem Land erschüttert. Was wir in Dresden sehen, sind nicht die üblichen Nazis, aber Menschen, die letztlich die gleiche menschenverachtende Ideologie verbreiten.

Doch unser Land sieht anders aus.
Wir leben schon heute Vielfalt.

Wir finden es normal, dass der marrokanische Schwager mit uns Weihnachten feiert. Und es dann kein Schweinefleisch zu Essen gibt. Wir haben Freundinnen und Freunde aus Russland, Usbekistan, Mali, Österreich und Tunesien. Wir lernen von anderen und merken, dass andere von uns lernen. Das ist Zusammenleben, auch wenn wir manchmal Dinge nicht verstehen. Wir interessieren uns für andere Kulturen, Religionen und Ansichten und werden niemanden eine Kultur überstülpen.

Wir gehen mit muslimischen Bosniern und Iranern und ihren Kindern zusammen auf den Martinsumzug, weil uns allen das Teilen und das Ritual mit den Laternen so gut gefällt. Wir sind gerührt, wenn die 5-jährige Nichte sagt, dass sie in weniger Ländern Ausländerin sei als eine Deutsche, weil sie nämlich zwei Pässe habe.

Wir trinken augenzwinkernd mit Moslems guten Wein und lachen zusammen. Wir trinken Tee beim Opferfest und erkennen, dass Nächstenliebe nicht nur beim christlichen Weihnachtsfest seinen Platz hat und Alkohol trinken nicht zwingend für Geselligkeit nötig ist.

Wir sind neugierig, was der russische Oberst, den wir kennenlernen, zu erzählen hat. Wir sehen Begegnung als Bereicherung des Lebens. Sie eröffnet Perspektiven, die wir davor noch gar nicht erahnen konnten. Wir lachen verschmitzt mit der häkelnden türkischen Oma in der U-Bahn über eine skurille Situation. Und freuen uns über ihr Gesicht, das wir noch Jahre später vor Augen haben. Uns werden täglich die Augen geöffnet von der Vielfalt, die auf uns einprasselt.

Wir lernen Sprachen in der Schule und können uns damit auf der ganzen Welt verständigen. Wir haben keine Angst, wenn Kinder aus aller Herren und Frauen Länder mit unseren Kindern in den Kindergarten und die Schule gehen. Weil unsere Kinder so von klein auf interkulturell lernen. Weil für sie Vielfalt normaler sein wird als für uns.

Wir sehen wie liebevoll eine Bulgarin unsere Großeltern pflegt, wie fair der pakistanische Junge in der E-Jugend Fußball spielt. Wir erinnern uns an den Geschmack von Kardamom, der in einem Tee war, der uns angeboten wurde.

Wir sind nicht stolz auf den Ausgang der Geburtslotterie, die den einen zum Deutschen und die andere zur Bolivianerin macht. Wir leben und lieben in binationalen Beziehungen und Ehen. Wir ziehen unsere Kinder zweisprachig auf, damit sie mit ihren Großeltern im Ausland reden können.

Wir sehen den Austausch der Kulturen als Bereicherung unseres Lebens, egal ob wir dabei portugiesischen Weichkäse oder iranische Heavy Metal Bands kennenlernen. Wir lachen über den serbischen Film, nordamerikanische Serien und Karnevalsbräuche in Ecuador.

Wir übernehmen Wörter aus anderen Ländern in unseren Sprachschatz, weil wir Dinge so besser ausdrücken können. Wir übernehmen Feste und Bräuche und stellen auf einmal ausgehöhlte Kürbisse ins Fenster. Wir sind überzeugt davon, dass Kulturen und Sprachen erst dadurch leben, dass sie sich vermengen, vermischen, bereichern und befruchten.

Wir wollen in einem Land leben, das Menschen auf der Flucht offen steht. Wir leben in einem Einwanderungsland und wir wollen eine Willkommenskultur anstatt die Mauern um Europa zu vergrößern. Wir sind entsetzt darüber, dass so viele Menschen an den Außengrenzen sterben. Wir verstehen, dass Menschen fliehen, egal aus welchem Grund. Wir wollen Flüchtenden ein neues Zuhause geben und die Möglichkeit, frei und in Würde zu leben. Ohne uns dabei auf die Schulter zu klopfen.

Wir sind überzeugt, dass wir zusammen den richtigen Weg finden können, der allen Teilen der Gesellschaft Rechnung trägt. Diese Auseinandersetzung wird nicht immer einfach sein, sondern manchmal auch von Konflikten geprägt. Diese Konflikte wollen wir konstruktiv, friedlich und mit Respekt austragen und verhandeln. Dabei ist Migrationshintergrund für uns ein Zeichen der Stärke und Lebendigkeit der Gesellschaft.

In unserem Land ist es egal, welches Geschlecht jemand hat oder sich selbst zuschreibt. Es ist egal, wer wen einvernehmlich liebt. In unserem Land sind alle Menschen gleich. In unserem Land wollen wir sozial gerecht zusammen leben und gemeinsam die richtigen Fragen für die Zukunft stellen. Wir werden diejenigen politisch herausfordern, die soziale Spaltung vorantreiben oder Umverteilung verhindern. Wir wollen gelebte Solidarität, Mitgefühl und Empathie statt sozialer Kälte, Egoismus und deutschen Volksgenossen.

Zusammenleben und Austausch von Kulturen heißt für uns nicht Aufgabe von Werten, Ethik und Idealen. Vielmehr sehen wir, dass es Werte gibt, die in jeder Kultur zuhause sind. Auf ihnen bauen wir auf. Eine vielfältige Gesellschaft ist nicht einfach: Wir diskutieren hart in der Sache, wenn uns etwas nicht passt, aber wir finden gemeinsam Grenzen und Leitplanken des Zusammenlebens.

Wir stehen an der Seite aller Menschen in diesem Land, die friedlich und respektvoll miteinander leben wollen. Egal wo sie herkommen oder welche Religion sie haben. Egal ob sie eine andere Sprache sprechen oder andere Sitten und Gebräuche haben.

Wir wollen einfach zusammen leben. Wir wissen auch, dass viele der Ideale noch nicht umgesetzt sind.

Das heißt für uns:
Wir werden hasserfüllten Angsthasen, Rassisten und Fremdenfeinden dieses Land nicht überlassen, sondern an einer offenen und vielfältigen Gesellschaft weiterarbeiten. Was wir in Dresden und anderswo sehen, ist nicht die Mitte der Gesellschaft, sondern Deckungsmasse von Nazis und Brandstiftern. Sie stellen nicht die richtigen Fragen, sondern treten nach unten. Sie sind diejenigen, die einer toleranten und freien Gesellschaft und Kultur im Wege stehen.

Wir danken deshalb all den Menschen, deren Ur-Großeltern, Großeltern, Eltern oder die selbst aus einem anderen Land hierher gekommen sind von ganzem Herzen, dass sie hier sind. Wir danken ihnen, dass wir Neues kennenlernen dürfen. Wir danken ihnen, dass wir immer wieder neu über uns nachdenken.

Wir danken ihnen für eine ständige Neuausrichtung von dem, was wir unsere gewachsene Kultur nennen.

Zukunft geht nur zusammen.

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via Ronny, der wiederum via metronaut.

 

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Karriere machen

»Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?«
»Ist das ein Sonntag?«

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Datenschutz No Future

NSA dich doch selber!

Heute nachmittag war ich auf meiner ersten Kryptoparty, bei just. Dort habe ich es immerhin geschafft, Mails mit OpenPGP in Thunderbird zu ver- und entschlüsseln und dabei auch meinen alten Key von 2008 (damals hatte ich noch nicht vor Gmail kapituliert) wieder gefunden. Mir scheint allerdings, dass seit dem kein großer Fortschritt in der Benutzbarkeit von Verschlüsselungssoftware gemacht wurde und irgendwann habe ich frustriert aufgegeben, zumindest vorübergehend.

Momentan arbeite ich ausschließlich mit dem Gmail-Webinterface. Meiner Meinung nach gibt es keinen Mailclient und auch keine andere Webanwendung, die so super easy und komfortabel zu bedienen ist wie Gmail. Leider. Meine Wunschvorstellung ist, meinen eigenen Mailserver auf antischokke.de laufen zu haben, mit schniekem Webinterface und der einfachen (!) Möglichkeit, Mails zu verschlüsseln. Und das ganze muss dann auch noch Hand-in-Hand mit einer Android-App gehen. Hat da jemand was zur Hand?

Nunja, jedenfalls ist ja nicht erst seit der Snowden-NSA-PRISM-TEMPORA-Geschichte klar, wie wichtig ein sensibler Umgang mit all unseren Daten ist – falls sowas überhaupt noch möglich ist. Egal, ob jemand denkt, sie hätte etwas zu verbergen oder nicht. Es geht überhaupt überhaupt überhaupt nicht darum, dass wir irgendwelche kriminellen oder anstößigen Informationen austauschen. Es geht einfach um’s Prinzip. Es geht niemanden außer mir und die Empfänger meiner Nachrichten an, was ich so treibe, mit wem ich kommuniziere und was mich gerade brennend interessiert und was nicht. Viele wägen sich in Sicherheit; denken, sie machen ja nix auffälliges. Das mag das individuelle Empfinden sein, aber es gibt zig Fälle, in denen Menschen aufgrund ihres Aufenthaltortes, ihrer Gesprächspartner oder irgendwelcher Begriffe gerastert, komplett überwacht oder zu Verdächtigen bis Staatsfeinden werden. Und auch jenseits dieses Aspektes geht Freiheit immernoch vor Sicherheit. Oder um es mit Benjamin Franklin zu sagen (jaja, ich weiß, abgenudeltes Zitat, aber es ist immernoch sooooo wahr): „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Mir ist schon klar, dass mit der Nutzung von Facebook, Twitter, Gmail und meinem Smartphone sowieso schon viel zu leichtsinnig, nachlässig und bequem bin. Und auch wenn ich versuche, nur Dinge im Netz zu hinterlassen, die nicht allzu tief in mein Privatleben blicken lassen: Ein großer Teil meines Lebens findet im Netz statt, und das soll auch so sein. Aber die Dienste suggerieren mir, dass ich mich noch aktiv dafür entscheiden kann, wie viel Privatsphäre ich mir bewahren möchte und wie viel ich an nicht-Berechtigte preis gebe. Einerseits lassen mich die neuesten Entwicklungen fassungslos zurück, andererseits ist es auch das, was viele von uns schon immer geahnt und vor dem einige auch sehr ausdauernd gewarnt haben. Jetzt müssen wir die Chance nutzen, das arrogante „told you so“ beiseite zu lassen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf einen medienkompetenten und bewussten Umgang mit der geliebten Technologie zu lenken. Und damit meine ich nicht nur Verschlüsselung, sondern vor allem den verantwortungsbewussten Umgang mit den eigenen Daten und den Daten der anderen.

Auf spreeblick habe ich gerade ein Tool vom MIT gefunden, mit dem man die Metadaten seines Gmail-Accounts auswerten kann. NSA yourself. Es zeigt an, mit wem man wie oft per Mail kommuniziert hat. Klingt erstmal unspektakulär? Schaut mal:

metadaten-gmail

Die Namen habe ich ausgeblendet. Aber man sieht ganz deutlich, dass es verschiedene Schlüsselpersonen und Netzwerke gibt, mit denen ich häufig oder weniger häuig kommuniziere. Daraus lässt sich leicht ein wichtiger Teil meines Lebens ableiten und man kann viel hineininterpretieren, auch ohne die Inhalte zu kennen. Das dann gematcht mit meinen weiteren öffentlichen und nicht-öffentlichen Daten, und zack, ist die Privatsphäre am Arsch.

Ich bin ratlos. Weiter wie bisher? Wie finde ich den Kompromiss zwischen Bequemlichkeit und Sensibilität für die Auswirkungen meines eigenen Handelns? Wir brauchen noch mehr Aufklärung und Medienkompetenz, bei einem größtmöglichen Maß an Freiheit und Selbstbestimmtheit.

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Metrolaut aus Istanbul

John F. Nebel und Kalle Kornblum sind zur Zeit in Istanbul und berichten in gewohnter Metrolaut-Manier von den Demos und dem Vorgehen der Polizei gegen die Demonstrant_innen und Bürger_innen. In mittlerweile vier Podcastfolgen hören wir Orginialtöne von Wasserwerfer- und Tränengaseinsätzen, von der Angst und der Solidarität der Menschen und von der brutalen Härte, mit der die „Ordnungskräfte“ Ordnung schaffen.

Es lohnt sich sehr, da reinzuhören! Bisher sind vier Folgen erschienen, es folgen weitere:

Und für live-berichte könnt ihr den beiden auf Twitter folgen: @metronaut und @linuzifer, oder das hashtag #occupygezi checken.

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Die Mülleimer sind zu klein

Vor zwei Jahren hat eine Aktivistengruppe begonnen, das Problem der zu kleinen Mülleimer zu dokumentieren und wird seitdem nicht müde, auf diesen globalen Missstand aufmerksam zu machen. Unter http://kleinemuelleimer.tumblr.com/ finden sich viele Fotos, teils eigene und teils aus (anonymen) Zuschriften aufmerksamer Beobachter.

Symbolbilder:

Solltet ihr selber Zeugin einer solchen Mülleimersituation werden, nutzt entweder das Hashtag #kleinemülleimer zum Taggen der Beweisfoto-Tweets auf twitter oder hinterlasst eine Hinweis hier in den Kommentaren. Anonyme Zuschriften gerne auch per Mail an mich. Augen auf!

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Dat Pöggsken

Dieses Gedicht von Augustin Wibbelt hat unsere Oma uns früher immer – und immer wieder, dramaturgisch höchst mitreißend und schaurig faszinierend – aufgesagt. So schön.

Pöggsken sitt in’n Sunnenschien,
O, wat is dat Pöggsken fien
Met de gröne Bücks!
Pöggsken denkt an nicks.
Kümp de witte Gausemann,
Hät so raude Stiewweln an,
Mäck en graut Gesnater,
Hu, wat fix
Springt dat Pöggsken met de Bücks,
Met de schöne gröne Bücks,
Met de Bücks in’t Water!

(Und dass der Berliner Dialekt auch wat wunderbaret is, sieht man ja an der Berliner Klopsgeschichte. Danke für die Inspiration an @_jrg.)

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Sommer im Golden Pudel: Die Idioten am Horizont sind weit

Mal wieder was Nettes aus dem weltbesten Nobistor-Newsletter und der Elbphilharmonie der Herzen.

So geht das nun schon jahrelang in Hamburg:

Die Stadt legt am Hafen eine Dumme Hühner-Zucht an. Der Golden Pudel Club antwortet mit einer Paradiesvogelfarm mit Hodenhaltung.

Auf dem Kiez regeln Schilder, was Gesellschaft, Schule, Polizei, Eltern und Gene nicht mehr hinkriegen. Im Golden Pudel Club malen sie sich ihre Schilder selber und schreiben drauf „Ich bin nur ein Schild, Du Idiot!“

An der Elbphilharmonie vergolden sie die Lanzenspitzen der Feuerwehrtreppe – im Golden Pudel Club sickert der grindige Eiter auf`m Dancefloor ungefiltert in den Boden.

Dort graben sie immer tiefer, bauen immer höher und machen Mache. Hier lockern sie alle Schrauben, verstopfen die Düsen und lassen es auslaufen.

Wo soll das enden?

Dieses Übergetrumpfe, Ausgesteche, Besiegewolle???

Auge, um, Zahn usw.

Schluss damit!

Der Golden Pudel Club (GPC) gibt hiermit das einseitige Ende des Wettrüstens bekannt:

Er wird in Zukunft nicht mehr auf die Mammuts, die Orkane und gigantischen Chamäleons der Schlachtenmaler reagieren. Die Nulpen können machen, was sie wollen – der GPC wird das alles überstehen wie man Masern übersteht!

Weil der Golden Pudel Club die größte Energie der Welt hat!

Er hat den Jazz.

Er hat Gott in der Tasche.

Er legt jeden Tag unter schönem Freudengegacker wundersame Eier. Und nie wird ein Instrument verprügelt, wenn es das nicht will.

GPC-Kraft kommt direkt aus der Mondsonne.

Im Golden Pudel Club beginnt jetzt die Sommersaison.

Die Idioten am Horizont sind weit weg.

http://www.pudel.com/openair.php