Tag 4, also der Samstag, fing stark an, hat dann wieder nachgelassen und legte doch noch ein schönes Ende hin:
Ego Striptease – Ich zeig dir, wer du bist. Hier ging es primär um den Diskurs zwischen Anonymität und totaler Offenlegung der Privatsphäre. Warum geben wir soviel über uns preis? Flickr, Delicious, Blogs, Soziale Netzwerke wie StudiVZ, Xing oder MySpace ermöglichen ein Profiling, was nie so einfach zu erstellen war wie heute. Weiteres zum Inhalt schreibt z.B. futur.plom. Meiner Meinung nach geht es bei diesem Thema eindeutig um Medienkompetenz und das Bewusstsein, welche Daten ich über mich preisgeben WILL. Solange ich selbst bestimme, welche Daten für die Öffentlichkeit einsehbar sein sollen und mir obendrein auch bewusst ist, dass diese Daten im Zweifelsfalle auch gegen mich verwendet werden können, spricht nichts gegen diese Art des „Striptease“. Wenn ich allerdings in meinem Blog nur Saufgeschichten poste, könnte dies in einigen Jahren zu meinem Verhängnis werden: Meine zukünftige Chefin wird ggf. nicht besonders begeistert sein. Und was einmal im Netz veröffentlicht wurde, wird sich nie völlig aus den unendlichen Weiten der digitalen Welt eliminieren lassen. Mein Lieblingsfazit: Aufklärung und Bewusstsein erlangen und bei anderen schaffen! Außerdem: Besser zweimal überlegen, welche Datenkrake ich mit welchen wertvollen Daten füttere!
Auf in Saal 1 zum Podjournalism mit Bicyclemark.
Ein wunderbar unterhaltsamer Mensch, der hätte auch gut ins Abendprogramm gepasst. Thema sind hier die Unterschiede zwischen traditionellem (investigativem) Journalismus und dem Podcast-Journalismus. Ausgehend vom „Media Wasteland“ der 1990er Jahre wagt er einen Rundumschlag im Hinblick auf die zunehmend konsolidierte Medienlandschaft (siehe z.B. die Printmedienwüste in Köln (DuMont)). Er führt Begriffe wie Bullshit-Journalism (auf keinen Fall zu verwechseln mit Gonzo-Journalism sondern eher im Dunstkreis von Bullshit-Bingo anzusiedeln) und Sensationalism (TomKatCrazy etc.) an, die den qualitativen, investigativen Journalismus immer mehr ins Abseits drängen. Abhilfe schafft seiner Meinung nach der Podjournalism, also Pod- bzw. Videocasts on Demand nach journalistischer Manier und noch ne ordentliche Portion Blog dazu. Nähere Infos liefert z.B. der Beitrag bei uninformation. Ferner hat Bicyclemark sich des Öfteren über Wikipedia beschwert, wo der Eintrag „Podjournalism“ wohl bisher immer wieder verbannt wurde…
Danach kurz bei monochrom reingeschaut, dann aber doch ein kleines Art & Beauty chill-in/chill-out vorgezogen. Nachdem ich allerdings diesen Bericht gelesen habe, hab ich mich doch etwas geärgert. Naja, und dann plätscherte der Tag noch so dahin, keine Chance, die Zeit anzuhalten. Der Fnord-Jahresrückblick war n bisschen angestrengt witzig aber dennoch informativ, Culture Jamming war schön, vor allem die Lachse, die gegen den Strom laufen, und den krönenden Abschluss bildete dann die Closing Ceremony mit Tim Pritlove: 4200 Menschen haben den Kongress durch ihre aktive und passive Anwesenheit bereichert, alles lief friedlich, ohne „offizielle“ Polizeieinsätze und (hacker-)ethisch einwandfrei ab.
Mein Fazit über meinen ersten Chaos Communication Congress: Abgesehen von den teilweise überfüllten und stickigen Räumen fand ich die Organisation 1a. Der Preis von 80 Euro hat mich zunächst schockiert, nach Ende des Kongresses fand ich ihn aber durchaus gerechtfertigt. Für noch gerechtfertigter hätte ich allerdings einen StudentInnen-Rabatt befunden. Inhaltlich hatte das Programm auch für Nicht-Nerds einiges zu bieten, langweilig wurde es uns nie. Die Zeitplanung fand ich ebenfalls sehr angenehm, später Start und spätes Ende, dafür nicht so viele langgezogene Pausen zwischendurch. Allerdings ist bei uns das Networken ein bisschen zu kurz gekommen, da wir meistens von einem Vortrag zum nächsten geeilt sind. Im Vergleich zu der fast schon familiären Atmosphäre des Barcamps war die Veranstaltung dafür dann vielleicht doch ein wenig zu groß. Trotzdem: Im Dezember 2007 soll es wieder heißen: Same procedure as last year, Britta!