Gestern morgen bekam ich eine Einladung zum Webmontag in Bonn mit den Worten
Ich habe gesehen das Sie im Köln/Bonner bereich aktiv sind und würde mich sehr freuen Sie auf unserm Webmontag begüßen zu dürfen.
Soweit, sogut. Wo der Webmontag genau stattfinden sollte, ging (in weiser Voraussicht oder doch nur versehentlich?) noch nicht aus dieser Mail hervor, allein die günstigen Getränkepreise wurden erwähnt. Ein Klick auf den Eintrag zum Bonner Webmontag brachte dann zunächst auch nicht viel mehr Klarheit. Dort war nur die Rede von einer „privaten“ Location in der Johannes-Henry-Str. 18. Eine Google-Suche ergab dann folgendes: Unter dieser Anschrift ist die schlagende Studentenverbindung „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ (www [dot] raczeks [dot] de) ansässig. Mhm.
Eine erste Rückfrage beim Gastgeber und Versender der Mail, Mirko Peters, nach der mich irritierenden Location brachte nicht viel Informatives zu Tage. „studentenverbindung Stimmt, aber laut AstA sind alle Verbindungen rechts, so bald dort gefochten wird.“ Ich fand allerdings, dass er es sich etwas zu einfach machte und schaute mir die Website nochmal genauer an. Gegen das, was sich mir dann bot, kamen die Schlagworte „Gott! Ehre! Freiheit! Vaterland!“ auf der Wir-über-uns-Seite noch fast harmlos daher. Das Vortragsprogramm liest sich wie eine Liste von bekannten und bekennenden rechtskonservativen, faschistischen und nationalistischen Personen: von Horst Mahler (Mitglied und Anwalt der NPD) über Dieter Steiner (Herausgeber der Jungen Freiheit) zu Martin Hohmann (Antisemitische Äußerungen zum Tag der dt. Einheit 2003) sowie Holocaust-Leugner, Republikaner, Antisemiten oder Wehrmacht- bzw. Waffen-SS-Freunde, um nur einige zu nennen. Weiteres erspare ich euch hier, mir steht die Galle wirklich bis ganz oben.
Auf meine Antwort, dass, wenn der Gastgeber nun diese Verbindung nicht „rechts“ nennen würde, dann wüßte ich es ja nun auch nicht, sondern fände es nur noch zum Kotzen, kam nur ein „Themen sind mir eigentlich egal…“ von ihm zurück. Er hat sich also in keiner Weise von diesen Zusammenhängen distanziert, außer mit der Äußerung, dass schließlich er und nicht die Verbindung der Gastgeber sei. Wie der Kontakt zustande kam, ließ er allerdings weiterhin offen. Im Impressum der Website, die er zu seiner Person angibt (www dot av-medien dot info) steht übrigens die selbe Anschrift.
Im Laufe des Tages kamen dann bei twitter auch einige Einträge diesbezüglich hoch, die ihren Unmut bekräftigten und teilweise wohl auch Kontakt zum Gastgeber aufgenommen hatten. Auch hier scheint er keine Distanzierung für nötig gehalten zu haben und dachte nicht „das es Leute gibt die über so etwas sich einen Kopf machen„. Im entsprechenden Webmontag-Eintrag gibt es ebenfalls einige Kommentare und Tim und Kai haben darüber gebloggt. Tim Bonnemann wird dazu ebenfalls ein paar Worte auf dem offiziellen Webmontag-Blog veröffentlichen.
Ich bin ja nicht der Meinung, dass ein Webmontag völlig unpolitisch ablaufen muss und begrüße Vorträge zur Vorratsdatenspeicherung oder anderen netzpolitischen Themen. Aber sowas geht einfach garnicht. Und Ausreden, dass es in Bonn keine anderen Locations gäbe, sind wohl mehr als zweifelhaft. Ich möchte vor allem nicht, dass die Web 2.0-Szene in irgendeiner Weise mit rechtem Gedankengut in Verbindung gebracht wird. Schön, dass zumindest ein kleiner Aufschrei durch diese Szene gegangen ist. Ich bin gespannt, was das noch hinter sich herzieht, bzw. hoffe auf weitere Konsequenzen. War eigentlich jemand vor Ort in Bonn?
Update: Tja, leider gibt es nichts zu updaten. Es scheint so, als wäre garnichts gewesen. Weder auf dem Webmontag-Blog noch im Bonner Webmontags-Wiki hat sich irgendwas getan. Immerhin scheint der Verantstalter den Vorschlag zu überdenken, sich fürs nächste Mal nach einer anderen Location umzusehen. Ob der Webmontag nun tatsächlich stattgefunden hat oder überhaupt jemand diesen unsäglichen Ort aufgesucht hat, ist mir nicht bekannt.
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3 Antworten zu „Webmontag Bonn in rechter Burschenschaft“