Seit letzten Montag haben fast 67.000 Menschen die Petition gegen die Indizierung und Sperrung von Internetseiten unterzeichnet.
50.000 UnterzeichnerInnen braucht es in den ersten drei Wochen so einer Petition, damit die Petentin Franzika Heine ihr/unser Anliegen in einer öffentlichen Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Bundestages vortragen kann. Bereits nach 4 Tagen war diese magische Grenze erreicht, auf http://zeichnemit.de/ kann man (ohne die lahmen Server des Bundestages noch weiter zu schinden) verfolgen, wie es von Minute zu Minute mehr werden.
Warum ich unterschrieben habe
Meiner Meinung nach zeugt dieses populistisches Wahlkampfgehabe, den „Kampf gegen Kinderpornografie“ durch Zensur von Internetseiten in Form eines vorgeschalteten Stopp-Schildes zu führen, von völligem Unverständnis des Internets und schränkt unsere Informationsfreiheit in sehr hohem, gefährlichem Maße ein. Wie das alles genau funktionieren soll und was daran eben nicht funktioniert, steht im Internet, manches lässt sich sogar ausdrucken (PDF).
Warum ihr alle unterschreiben solltet
Für alle, die sich noch unsicher sind, ob sie diese Petition denn nun wirklich unterschreiben sollen, nachfolgend ein kleines „Best of“ der Beiträge der letzten Tage, die sich intensiver mit der Thematik auseinander setzen und die Argumente von den Laien auseinander nehmen.
Don Dahlmann erklärt Noch mal in Ruhe, für alle Politiker, worum es bei der Kritik an den Internetsperren geht.
Thomas Knüwer schreibt über Ein kleines Loch im Damm.
Interview mit Franziska Heine, der Hauptpetentin der ePetition gegen Netzsperren bei Sascha Lobo.
Ganz wichtig auch die Äußerungen der Missbrauchsopfer gegen Internetsperren, z.B. mit dem Artikel Und wenn auch nur ein Kind gerettet wird. Es sind also nicht nur „die vom Internet“, die sich besorgt über die geplanten Zensurmaßnahmen zeigen!
Überraschenderweise ein guter & ausführlicher Artikel bei der Morgenpost: Berlinerin sagt Ursula von der Leyen die Meinung (wohingegen die taz am Wochenende so gut wie garnichts zur Petition geschrieben hat! Menno!)
In der c’t: Verschleierungstaktik Die Argumente für Kinderporno-Sperren laufen ins Leere
Nochmal Thomas Knüwer, Handelsblatt: Es mischen sich jetzt Online- und reale Welt
Wie immer bestens informiert und informierend ist natürlich netzpolitik.org, wer bei twitter nachlesen möchte, die suche einfach nach #zensursula weitere Nachrichten sind über Google News zu finden.
Auch mal lesen, warum manche Leute nicht unterzeichnen werden: Ich unterschreibe nicht.
Die Tagesschau berichtet am Freitag mehrmals über die Petition, hier der 14 Uhr Beitrag:
Wirtschaftsminister von und zu Guttenberg hat es wirklich nicht verstanden (was mich wiederum sehr betroffen macht):
Es macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich einer der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht.
Und für diese Frau von den Laien sind die Gegner ihres Gesetzes außerdem unzivilisiert:
Das Bundesfamilienministerium hält nach dem Erfolg der Online-Petition am Gesetzentwurf fest. „Eine zivilisierte Gesellschaft, einschließlich der Internetgemeinschaft, die Kinderpornografie ernsthaft ächtet, darf auch im Internet nicht tolerieren, dass jeder diese Bilder und Videos vergewaltigter Kinder ungehindert anklicken kann“, teilte das Ministerium am Freitag in Berlin mit. „Das Leid der Opfer ist real, nicht virtuell. Jeder Klick und jeder Download verlängert die Schändung der hilflosen Kinder“.
Über unsere Familienministerin hat der NDR eine sehr schöne Zapp-Folge gemacht, unbedingt anschauen: Viel Show und wenig Konkretes. „Sonst geht’s dir gut, Liebchen?!“ Glaub nicht…
Nachschlag
Diese beiden Artikel berühren das Thema ebenfalls, befassen sich aber eher mit der allgemein politisch desolaten Situation in Deutschland und sind sehr lesenswert:
netzwertig.com: Deutschland degeneriert in ein Entwicklungsland (Teil 2 von 3)
die ennomane: Hier läuft was falsch! (Für einen neuen Ansatz in der Politik)
Und wie geht’s weiter?
Wenn ich das wüsste… Auf jeden Fall muss es weiter gehen! Wir dürfen uns nicht ausruhen auf diesem kleinen Erfolgserlebnis sondern sollten die Medienpräsenz und den Schwung nutzen für weitere Aktionen.
Auch wenn die 50.000-Grenze erreicht ist, müssen weitere UnterzeichnerInnen motiviert werden, mit jeder Unterschrift wird ein kleines Zeichen gegen diese wirre, nutzlose Politik der Internetausdrucker gesetzt. Die bisher meisten Unterzeichner, lt. Wikipedia nämlich 128.193, hatte übrigens im Juni 2008 ein Antrag zur „Halbierung der Besteuerung von Diesel und Benzin“. Klar, Deutschland ist eben Autofahrerland. Aber es sollte doch zu schaffen sein, diese Grenze zu knacken und zumindest ein bisschen auch als Internetland von sich Reden zu machen…
Außerdem: Schaut mal im AK Zensur-Wiki vorbei, da werden eine Menge Vorschläge gemacht und Aktionen, Ideen und Texte gesammelt.
Erzählt es weiter, schreibt es ins Internet oder an Wände, Spread the Word!
Update vom Update: Weitere Links
ZEIT Online: Netzsperren – Wie man eine Generation verliert
Tagesspiegel: Verbotspolitik – Peng, du bist tot!
Stern.de: Kinderpornografie im Internet – Operation Ohnmacht
heute.de: Kinderpornografie: Täter verfolgen statt Seiten sperren
ZEIT ONLINE: Netzsperren – Von der Leyens unseriöse Argumentation